FRIEDRICH VON SCHLEGEL
EROTISCHE SONETTE
Erstes Sonett
Um meiner Mannheit Tiefgang auszuloten,
Ging ich
mit nacktem Glied zu Keuschgesinnten.
Ich
glaubte, diese deutlichste der Finten
Sei
zwingender als Zahlen oder Zoten.
Ich trat zu
Mädchen unversehns von hinten,
Sprach
sanft sie an und spielte den Zeloten.
Dann fragt'
ich plötzlich, wann sie denn den roten
Gewaltherrn
hätten, und wie lang sie minnten.
Sie sehn
verdrehten Auges auf den Stecken,
Der ihnen
doch galant entgegensteht.
Ich hebe
sie, darauf zu stülpsen.
Zuerst wohl
würgen, schreien sie, und rülpsen,
Dann fließt
die Lust, und alles Weh vergeht.
Bis sie
zutiefst gekitzelt drauf verrecken.
Zweites Sonett
Du meine Hand bist mehr als alle Weiber,
Du bist
stets da, wie keine Frau erprobt,
Du hast
noch nie in Eifersucht getobt,
Und bist
auch nie zu weit, du enger Reiber.
Ovid, mein
Lehrer weiland, hat dich recht gelobt,
Denn du
verbirgst in dir ja alle Leiber,
Die ich mir
wünsche. Kühler Glutvertreiber,
Dir hab ich
mich für
immer anverlobt.
Ich stehe
stolz allein mir dir im Raume
Und
streichle meine bläulichrote Glans.
Schon
quirlt sich weiß der Saft zum Schaume,
So zieh ich
aus Erfahrung die Bilanz:
Die
Zweiheit paart sich nur im Wollusttraume,
Sonst paart
sich meine Faust mit meinem Schwanz.
Drittes Sonett
Der rauhe Ost, der früh nach Rom mich
jagte,
Ward dort
zum Zephir hyacinthner Lüste.
Und keiner,
der nur immer Mädchen küßte,
Rühm seinen
Schwanz, daß er im Himmel ragte.
Auch mich erregen noch die
herben Brüste
Kampan'scher
Mädchen, doch wie oft verzagte
Mein
Meerschaum an dem fremden Golf und klagte
Daß ohne
recht' Verständnis diese Küste.
Wie anders
schmiegte sich der Arsch des Knaben
dem Schwanz
in lieblich-rundlichem Gehaben;
Kein Weib
hat so behende mit der Zunge
Die Eichel
mir geleckt wie dieser Junge.
Oh, könnt'
ich doch an deinem Marmorhintern,
Mein Knabe,
viele Monde überwintern ... !
Viertes Sonett
Von allen Männern, die dich je bedrohten
Bin ich der
geilste: sieh' mich
zitternd an ... !
Ich zerre
deine Brüste Spann für Spann
Und werde
sie auf deinem Rücken knoten.
Auch deine
Füße knüpfe ich daran,
Und binde
deine kleinen weißen Pfoten.
Und wenn
den Leib du röchelnd mir geboten
Bewunderst
du in mir den starken Mann.
Und wenn du
schreist, so schlitz' ich deinen runden
Und weichen
Leib mir auf mit kaltem Streiche.
Dann saugen
sich die Lippen deiner Wunden
Um meinen
Schwanz, daß ich vor Lust erbleiche.
Jedoch,
mein Glück, es reift nicht aus zu Stunden:
Du riechst
schon sehr, mein Torsoschatz, nach Leiche.
Fünftes Sonett
So liegst du gut. Gleich wird sich's prächtig zeigen
Wie klug
mein Rat: ich schiebe meinen Dicken
In dein
bemoostes Tor – man nennt das Ficken.
Du fragst
warum? – Davon laß jetzt mich
schweigen.
Schon seh'
ich Schmerz in deinen blanken Blicken,
Das geht
vorbei: du mußt zurück dich neigen,
Gleich wird
dein Blut dir jubeln wie die Geigen
Von Engeln,
welche ihre Brünste schicken
In bebender
Musik zum Ohr der Welt.
Famos! ...
Du einst dich mir in bravem Schaukeln,
Die
Schenkel schmiegen pressend, es umgaukeln
Mich Düfte,
die mich
locken in die Unterwelt.
Ein Stoß –
ein Schrei! ... Die weißen Glieder zittern
Im Kampf
wie Apfelblüten in Gewittern.
Sechstes Sonett
Ich flehe dich um Wunden und um Male
Von deinen
Händen, die mich
heilig sprechen.
Du sollst
das Glied, das du gesaugt, zerbrechen.
Das steif
geragt in deine Kathedrale.
Schlürf'
aus den Quell, der einst in weißen Bächen
In deinen
Kelch gespritzt beim Bachanale! ...
Gieß jetzt
die letzte Kraft in deine Schale.
An meinem
Blute magst du dich bezechen! ...
Nimm
scharfe Peitschen und geglühte Zwingen.
Schlag'
fester zu und quäle meine Hoden! ...
Laß
tiefsten Schmerz das höchste Glück mir bringen.
Mein
Stöhnen preist dich brünstiger als meine Oden.
Und wenn
die letzten Schreie dich umklingen
Hörst du
den Dank vom seligen Rhapsoden.
Siebentes Sonett
Der Müllerbursche schiebt hinauf zur Mühle
Auf seinem
Karren einen Mühlenstein.
Und in die
Öffnung schob er glatt hinein
Sein
steifes Glied und schaffte so sich Kühle.
Die blonde
Müll'rin sieht's im Sonnenschein.
Und trotz
der unerträglich dumpfen Schwüle
Läuft sie
hinab, daß prüfend sie's befühle:
Sie faßt
und fühlt, es ist von Fleisch und Bein.
»Na hör',
mein Junge«, ruft sie sehr brutal,
»Was soll
die Schweinerei mit deinem Schweif? .. !
Ist das die
Prüfung, die ich dir befahl.
Ob du
auch würdig wärest für mein Bett?«
Doch er
zeigt nur die Inschrift um den Reif.
Und ach,
sie liest gerührt: Elisabeth ... !
Achtes Sonett
Ich ward erlöst, zum Weltweib umgeschaffen,
Des irren
Wanderns letzte höchste Feier.
Ich rag'
ins Dämmerlicht, verhüllt vom Schleier
Der Sterne
mit den bleichen Mondagraffen.
Zur Erde
send' ich meinen Himmelsgeier,
Der ruft
die letzten geilen Menschenaffen.
Ich werde
meine Röcke höher raffen
Und alle
grüßen als willkomm'ne Freier.
Ich höre
schon ihr heis'res Brunstgeschrei.
Die
Schwänze zucken und die Zungen lallen.
Begattend
dünken sie sich schicksalsfrei.
Doch werden
sie in meine Scheide fallen,
Dann will
ich sie Kometen gleich mit kurzen
Und hellen
Knallen in den Weltraum furzen.
Neuntes Sonett
Verschüchtert von des Purpurbett's Umschattung
Horcht die
Prinzessin in die schwarzen Ecken.
Ihr dünkt
ein schalkhaft kichernd' Necken,
Ein
seltsam' Künden fürstlicher Begattung.
Der Prinz
harrt zweifelnd seiner Kraft Erwecken
Und früh vertaner
Jugend Rückerstattung.
Wie
peinlich würde heute die Ermattung
Die junge
Frau aus der Umarmung schrecken.
Er droht
des frechen Narren fröstelnd Lachen,
Flucht
seiner Jugend mondbeglänzten Nachen
Und glaubt
nicht mehr an schwarzer Kräuter Sieden.
Denn selbst
die einst so treuen Canthariden,
Sie haben
ihren Wirkungspol verrückt
Und reichen
nur, daß er den Nachtstuhl schmückt.
Zehntes Sonett
Ich höre fern das Plätschern deiner Wasser.
Ich fühl'
mein Herz in meine Hoden sinken.
Es drängt mich wieder, dein Pipi
zu trinken,
Weil ich
ein ruchlos raffinierter Prasser.
Man lügt,
daß deine gelben Quellen stinken.
Mich macht ihr Duft, wenn ich sie
trinke, blasser.
Ich möcht',
ein Kieselstein, ein ewig nasser,
In deinen
Fluten selig schimmernd blinken.
So wirst du
mir, Geliebte, ganz zu eigen,
Wie mehr
als in des Marterbergs Ersteigen
Im
Abendmahle Einer Gott verwandt.
In deiner
Krypta ein verschwieg'ner Brand,
Laß züngeln
mich in allen
roten Winkeln
Und
zischend sterben in topas'nem Pinkeln.
Die zu
Grunde gelegte Vorlage besteht in 25 unnumerierten Blättern. Die
Verfasserschaft Friedrich Schlegels ist umstritten. Die ›Kritische Friedrich
Schlegel Ausgabe (KTA)‹, die von Ernst Behler u.a. herausgegeben, seit 1958 im
Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn,
München und Wien erscheint, enthält diese Sonette nicht. Alexander von
Bessmertny wird alternativ als möglicher Autor angenommen.